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воскресенье, 1 июня 2025 г.

Wiederherstellung des Gedächtnisses: Ein Vorschlag zur Erinnerung an den lutherischen Friedhof in Chișinău

 

Wiederherstellung des Gedächtnisses: Ein Vorschlag zur Erinnerung an den lutherischen Friedhof in Chișinău

Einleitung

Während eines Workshops zur Ausarbeitung des historisch-architektonischen Referenzplans für Chișinău stellte Vizebürgermeister Ilie Ceban eine bedeutende, fast rhetorische Frage:

„Gibt es in der Stadt einen verlorenen Park oder Platz, den wir wiederherstellen könnten?“

Damals blieb diese Frage unbeantwortet. Doch ein solcher Ort existiert. Und seine Wiederentdeckung könnte ein symbolischer Schritt sein, mit dem sich die Stadt ihrer historischen Tiefe und kulturellen Vielfalt erinnert.

Es geht um den lutherischen Friedhof von Chișinău – vollständig zerstört, fast vergessen, aber noch heute in unterirdischen Strukturen, Luftaufnahmen und familiären Erinnerungen erhalten.


Historischer Kontext

Die deutsche Gemeinde und der lutherische Friedhof

Ab dem 19. Jahrhundert entwickelte sich in Chișinău eine lebendige deutsch-evangelische Gemeinde, die bedeutende Beiträge zur Architektur, Kultur, Verwaltung und Technik der Stadt leistete. Deutsche und baltendeutsche Lutheraner prägten das Stadtbild, lehrten, bauten, verwalteten und brachten Ordnung und professionelles Ethos mit.

Ein zentrales Symbol dieser Gemeinschaft war der lutherische Friedhof, gelegen im Südwesten des heutigen Zentralfriedhofs. Er umfasste:

  • eine lutherische Kapelle, genutzt für Gebete und Beisetzungen;


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  • sowie Familiengräber bedeutender Persönlichkeiten:

    • Alexander Bernardazzi, der bedeutende Architekt;

    • Karl Schmidt, langjähriger Bürgermeister und Reformer;

    • Baron von Stuart, Vertreter der baltischen Oberschicht.

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In der sowjetischen Zeit, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde der Friedhof vollständig zerstört. Ein Teil wurde in einen Park umgewandelt, ein anderer bebaut. In den 1950er Jahren entstand an dieser Stelle das Kino „Gaudeamus“, das später geschlossen und teilweise abgerissen wurde. Heute wird an dieser Stelle erneut gebaut.




Warum das wichtig ist

Verlust von Gedächtnis bedeutet Verlust von Identität

Chișinău war und ist eine multiethnische, multikonfessionelle und multikulturelle Stadt. Der lutherische Friedhof ist ein Schlüssel zum Verständnis eines vergessenen Teils der Stadtidentität. Er war nicht nur Begräbnisstätte, sondern Ausdruck religiöser, architektonischer und sozialer Kultur.

Seine Zerstörung war ein tiefer Einschnitt. Heute besteht die Möglichkeit, diesen Ort nicht nur zu erinnern, sondern ihn respektvoll und professionell in das Stadtbild der Gegenwart zu integrieren.


Zeugnisse und Beweise

Familienzeugnis

Besonders wertvoll ist ein Bericht des Enkels von Baron von Stuart, der dem Autor dieses Textes mitteilte, dass sich die Gräber von Bernardazzi, Schmidt und Stuart unter dem ehemaligen Kino „Gaudeamus“ befanden, genauer: unter der Bühne. Dieses persönliche Zeugnis verleiht dem Vorhaben zusätzliche Authentizität.

Luftbild von 1944

Auf Luftaufnahmen aus dem Jahr 1944 erkennt man deutlich die Zentralachse des Friedhofs, die zur Kapelle führte. Rechts von ihr sieht man größere Grabstrukturen – vermutlich die drei prominenten Familiengräber. Diese Zone deckt sich genau mit dem späteren Bühnenbereich des Kinos.




Zweistufiger Gedenkvorschlag

1. Archäologische Untersuchung

Zwei Standorte sollten näher untersucht werden:

🕍 Standort der Kapelle

Der Ort der Kapelle ist genau bekannt und nicht überbaut. Hier könnten durchgeführt werden:

  • archäologische Ausgrabungen;

  • Konservierung der Fundamente als archäologisches Fenster;

  • Errichtung eines gedenkenden Steins mit zweisprachiger Inschrift (Rumänisch/Deutsch);

  • möglicherweise Sichtbarmachung von Fliesen, liturgischen Fragmenten oder Grabplatten.

🪦 Standort unter der Bühne

Unter der ehemaligen Bühne des Kinos befinden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die drei Familiengräber. Eine temporäre Baupause würde Sondierungen oder Dokumentationen erlauben.



Возможность раскопок в районе сцены уже потеряна окончательно


Vorschlag zur Gedenkstruktur

🔸 Denkmal an der Kapellenstelle

  • Gedenkstein mit stilisiertem Kapellen-Giebel;

  • Bronzetafel auf Rumänisch und Deutsch sowie QR-Code zur digitalen Gedenkseite;

  • gegebenenfalls Glasabdeckung über Fundamenten;

  • eingeschränkter Zugang – daher ungeeignet für eine öffentliche Gedenkanlage.







🔸 Sichtbare Gedenkstätte an der Alexandri-Straße

Auf dem öffentlichen Grünstreifen entlang der Alexandri-Straße, in städtischem Besitz, wird vorgeschlagen:

  • Errichtung von drei Gedenksteinen für:

    • Alexander Bernardazzi;

    • Karl Schmidt;

    • Baron von Stuart;

  • Gestaltung einer kleinen Gedenk-Grünanlage mit Bänken und Wegen;

  • Aufstellung einer Informationstafel, die beide Orte verbindet:

„Die lutherische Kapelle und die Familiengräber befanden sich hinter diesem Gebäude. Das Hauptdenkmal befindet sich dort und ist zugänglich.“

Diese zweigeteilte Lösung erlaubt es, authentische Geschichte mit heutiger Sichtbarkeit im Stadtraum zu verbinden.







Internationale Dimension

Das Projekt bietet sich für eine internationale Zusammenarbeit an:

  • Deutsche Botschaft – als Erbin der lutherischen Kultur in Bessarabien;

  • Italienische Botschaft – zu Ehren des italienischstämmigen Architekten Bernardazzi;

  • Britische Botschaft – in Verbindung mit Baron Stuart und als Partner im europäischen Kulturerbe.


Umsetzungsschritte

  1. Zustimmung der Stadtverwaltung und vorübergehender Baustopp;

  2. Historische und archäologische Untersuchungen;

  3. Öffentliche Konsultationen und Planung des Gedenkensembles;

  4. Herstellung und Installation der Gedenksteine und Anlage des Gedenkgrüns;

  5. Feierliche Eröffnung mit Beteiligung diplomatischer Vertretungen.


Fazit

Dieser Vorschlag ist mehr als eine architektonische Rekonstruktion. Er ist ein Zeichen des Respekts gegenüber der Geschichte, ein Schritt zur Wiederherstellung kultureller Erinnerung.

Die lutherische Kapelle und die Gräber von Bernardazzi, Schmidt und Stuart sind mehr als verlorene Ruhestätten. Sie sind Zeugen einer Zeit, in der Chișinău offen, innovativ und europäisch geprägt war.

Heute hat die Stadt die Möglichkeit, ein starkes Zeichen zu setzen:
Erinnerung sichtbar machen – und damit Geschichte lebendig halten.


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